Der Firmenwert per Ertragswertverfahren.
Die Suche nach einem Unternehmenswert kann die verschiedensten Gründe haben, spielt aber eine entscheidende Rolle bei Verkaufs- oder Übernahmeprozessen sowie bei der Planung der Unternehmensnachfolge oder einer Erbschaft.
Anders als bei einem börsennotierten Unternehmen (Wert = Aktienwert zum Zeitpunkt x und Anzahl) ist der Wert einer „Nicht-AG“ schwieriger zu ermitteln.
Damit nicht jede Bewertung unterschiedlich aussieht, und vor allem in Hinsicht auf mögliche Steuerzahlungen bei zum Beispiel Erbschaften gibt es Vorgaben und Standards seitens des Gesetzgebers, und zwar in Form des vereinfachten Ertragswertverfahrens. Das Ertragswertverfahren ist durchaus auch in der Lehre anerkannt, ist aber bezüglich Gewinnermittlung und Kapitalkostenbewertung im Gesetz vereinfacht worden.
Wir wollen uns im Folgenden das vereinfachte Ertragswertverfahren einmal genauer ansehen. Gern stellen wir die Zutaten für eine Unternehmensbewertung zusammen und geben ein realistisches Anwendungsbeispiel. Viel Spaß beim Lesen.
1. Grundlagen zum Firmenwert per Ertragswertverfahren
Der Gesetzgeber gibt uns mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren einen einfachen Standard zur Bewertung eines Unternehmens vor.
Die Vorgabe ist im Bewertungsgesetz BewG §200ff aufgeführt und findet völlig unabhängig von der Rechtsform des zu bewertenden Unternehmens Anwendung. ¹
Als mindestwert für ein Unternehmen gilt dabei der Substanzwert, welcher durch das Substanzwertverfahren ermittelt werden kann.
Zur Ermittlung des gesuchten Werts wird der bereinigte Durchschnitt der Geschäftsergebnisse der vergangenen 3 Geschäftsjahre zugrunde gelegt. Bei bilanzierenden Unternehmen ist das der Gewinn aus der Steuerbilanz.
Der daraus folgende Ertragswert wird mit einem Kapitalisierungsfaktor (gesetzlich festgelegt zuletzt 2016 auf 13,75) multipliziert.
Bereinigt werden die Geschäftsergebnisse durch Hinzurechnungen von Minderungen und Abzüge von Erhöhungen (Beispiele finden Sie weiter unten im Text).
Ein einfaches Schema soll Ihnen einen guten Überblick über die Unternehmensbewertung nach dem vereinfachte Ertragswertverfahren geben. Im folgenden Abschnitt erläutern wir Ihnen natürlich die einzelnen Bausteine. Wir gehen der Einfachheit von einem Unternehmen mit einem Umsatz von durchschnittlich circa EUR 1,0 Mio. in den letzten 3 Jahren aus.
Wir können in unserem Schema zum vereinfachten Ertragswertverfahren unschwer erkennen, welche Variablen zur Berechnung eines Unternehmenswerts benötigt werden. Im Grunde brauchen Sie nur den Gewinn, einige Steuern, den Unternehmerlohn, das Betriebsergebnis und den Kapitalisierungsfaktor. Die Werte sollten Sie in der BWA finden.
Im Folgenden schauen wir dennoch kurz und bündig, welche Bedeutung die jeweilige Variable hat und woher die benötigen Finanzkennzahlen kommen.
2. Variablen zum Firmenwert per Ertragswertverfahren
2.1 Steuerbilanzieller Gewinn (nach Steuern) (§202 BewG)
Es gibt selten einen umstritteneren Begriff, als den Gewinn. Oder wissen Sie sofort, was genau gemeint ist? Wir gehen von dem Betriebsergebnis der letzten drei Geschäftsjahre (vor dem Bewertungsstichtag) aus.
Achtung: Wenn Sie schon wissen, wie das aktuelle Geschäftsjahr läuft, sich also der nachhaltiger Ertrag bereits erkennen lässt, dann nehmen Sie das Geschäftsjahr gern als drittes Jahr mit in die Bewertung hinein.
2.2 Steuern
Hier sind die anfallenden Steuern gemeint, die am Ende eines jeden Geschäftsjahres fällig wurden, und damit die Körperschaftssteuer, der Solidaritätszuschlag und die Gewerbesteuer.
2.3 Hinzurechnungen (von Minderungen)
Hinzurechnungen müssen sich nicht auf die Steuern beschränken. Auch sonstige wirtschaftlich nicht begründete Vermögensminderungen (ein gutes Beispiel sind verdeckte Gewinnausschüttungen) kommen hier zum Tragen.
2.4 Abzüge (von Erhöhungen)
Gleiches gilt für Abzüge von wirtschaftlich nicht begründeten Vermögenserhöhungen, wie zum Beispiel eine „längst fällige“ Vergütung für bislang unentgeltlich tätige Familienangehörige oder die Überlassung eines vergünstigten Autos oder Grundstücks.
3. Beispielrechnung zum Firmenwert per Ertragswertverfahren
3.1 Steuerbilanzieller Gewinn
Unsere Ermittlung beginnen wir mit dem steuerbilanziellen Gewinn des Beispielunternehmens. Im Gesetz existiert dazu der so genannte Ausgangswert und damit der Gewinn nach § 4 Absatz 1 EStG.² Eben jenen ermitteln wir durch einen Vermögensvergleich über die Bilanz oder per EÜR (vgl. dazu: § 4 Absatz 3 EStG). In unserem Beispiel unten starten wir mit 425 TEUR.
3.2 Steuern und Unternehmerlohn
Auf die Steuern werden wir in diesem Artikel nicht konkreter eingehen. Die üblichen Steuern (Abzüge) werden dem ausgehenden Betriebsergebnis hinzugerechnet, dabei handelt es sich um die Körperschaftssteuer mit 15%, den Solidaritätszuschlag (Soli) mit 5,5%, und die Gewerbesteuer (je nach Hebesatz).
Abzuziehen sind Erhöhungen, bezüglich der Steuer also eine eventuelle Gewerbesteuerrückzahlung, und der Unternehmerlohn.
3.3 Betriebsergebnis (EBIT)
Das nun errechnete Betriebsergebnis (EBIT) bildet den Grundstein zur Berechnung des jährlichen Ertragswertes. Abzuziehen sind hier jeweils pauschal 30% Ertragsteueraufwand.
Alle Erträge summieren wir letztlich und erzielen in unserer Beispielrechnung unten gerundete 861 TEUR. Das Ergebnis dividieren wir durch den Betrachtungszeitraum (3 Jahre) und erhalten aus den Erträgen nun den durchschnittlichen Ertragswert nach §201, Abs.1 BewG.
Den durchschnittlichen Ertragswert multiplizieren wir am Ende noch mit dem Kapitalisierungsfaktor 13,75.
3.4 Der finale Firmenwert per Ertragswertverfahren
Ausgehend von einem Unternehmen mit einem Umsatz von durchschnittlich circa EUR 1,0 Mio. in den letzten 3 Jahren, ergibt sich folgender Unternehmenswert:
EUR 3.946.000,- (gerundet)
Sollte dieser Wert niedriger sein, als per Substanzwertverfahren ermittelte Wert, so wird der Substanzwert als Wert für das Unternehmen eingesetzt. Sollte der ermittelte Firmenwert höher sein als das Ergebnis per Substanzwertverfahren, so kann der Firmenwert als Grundlage für einen Preis verwendet werden.
Wir empfehlen, sich nicht allein auf das Ertragswertverfahren zu verlassen, da sich der ermittelte Wert nicht an den tatsächlich am Markt gezahlten Preisen orientiert. Am Ende bestimmen den Preis nämlich grundsätzlich immer Angebot und Nachfrage.
Weitere Verfahren zur Bewertung einer Firma oder eines Unternehmens finden Sie hier: